ASTRA 2018/002
Auswirkungen des automatisierten Fahrens - Verkehrliche Auswirkungen und Infrastrukturbedarf
Projektbeschreibung
Laufzeit
09.2018-07.2019
Auftraggeber
externe Seite ASTRA Bundesamt für Strassen
Projektbearbeiter
Prof. Dr. Kay W. Axhausen, Frank Bruns, Clarissa Livingston, Sebastian Hörl, Remo Fischer und Bence Tasnády
Ziel
Ziel der Forschungsarbeit ist es, die verkehrlichen Auswirkungen relevanter Nutzungsszenarien für das teil- und das vollautomatisierte Fahren im Zeitraum 2020 bis 2050 zu quantifizieren und die daraus resultierenden Folgen für den Bedarf an Verkehrsinfrastrukturen zu ermitteln.
Teilprojekt 2
Das automatisierte Fahren hat das Potenzial, die Mobilität und den Verkehr grundlegend zu verändern. Das Ziel des Teilprojekt 2 des Forschungspackets «Auswirkungen des automatisierten Fahrens» war es, die möglichen positiven und negativen Auswirkungen des AF auf das schweizerische Verkehrssystem, insbesondere dessen Strasseninfrastruktur, zu identifizieren und möglichst konkret zu quantifizieren.
In dieser Untersuchung wurden die Verkehrsmittelwahl, die Routenwahl und die Wahl von Abfahrtszeiten simuliert. Dazu wurde die «eqasim» Implementation des agentenbasierten Verkehrsmodell MATSims verwendet. Es wurden drei Szenarien, eins ohne und zwei mit automatisierte Fahrzeuge erstellt und jeweils für die Jahre 2020, 2030, 2040 sowie 2050 simuliert. Datengrundlage für diese Szenarien bildete eine Reihe von Datensätzen des BFS, des ARE, eines SVI-Forschungsprojekts und von öffentlich zugänglichen Quellen, z. B. OSM. Diese Szenarien beinhalten den inländischen Personenverkehr der in der Schweiz wohnhaften Bevölkerung und den inländischen sowie grenzquerenden schweren, strassenbasierten Güterverkehr. Die Bevölkerungsentwicklung wurde entsprechend des Referenzszenario der Prognosen des BFS abgebildet. Das Wachstum des Güterverkehrs wurde entsprechend der Prognose des ARE für 2040 in Bezug auf Tonnenkilometer abgebildet.
Das Szenario ohne automatisierte Fahrzeuge wird als Referenzszenario betrachtet. Die zwei Szenarien mit automatisierte Fahrzeuge, namentlich Szenario A und B, unterscheiden sich ausschliesslich hinsichtlich des angenommenen Privatfahrzeugbesitzes bzw. des Zugangs zu einem Privatfahrzeug. In Szenario A haben anteilsmässig gleich viele Verkehrsteilnehmende Zugang zu einem Privatfahrzeug wie im Grundzustand 2020. In Szenario B hingegen sinkt der Zugang zum einem Privatfahrzeug erheblich. Diese Abnahme ist damit begründet, dass sich in Szenario B Menschen aufgrund des sehr guten Angebots an kollektiven Verkehrsmitteln, hauptsächlich der automatisierten Taxis, entscheiden, ihr Privatfahrzeug abzugeben oder ein solches erst gar nicht zu kaufen. Die weiteren Annahmen zur Strassenfreigabe für automatisierte Fahrzeuge, zu den Kapazitätseffekten der automatisierten Fahrzeuge, zu den Zeitwerten für die jeweiligen automatisierten Verkehrsmittel sowie zum Durchdringungsgrad der automatisierten Fahrzeuge im Privatbesitz und im Güterverkehr sind für Szenario A und B identisch. Gemäss der allmählichen Integration der automatisierten Fahrzeuge ins Verkehrssystem und den Automobilmarkt ändern sich die Strassenfreigabe und der Durchdringungsgrad von Jahr zu Jahr. Wichtig zu bemerken ist, dass in alle drei Szenarien ab 2050 angenommen wird, dass der ÖV völlig automatisiert fährt und somit die Fahrpreise gesenkt werden können. Es wurden auch Sensitivitätsanlaysen durchgeführt, die die Sensitivität des Models hinsichtlich den ÖV Preis sowie die Zeitwerte der automatisierten Fahrzeuge, den Strassenkapazitätserhöhenden Effekt der automatisierten Fahrzeuge, und den Durchdringungsgrad im Automobilmarkt der automatisierten Fahrzeuge untersucht haben. Auf Basis der Simulationen wurden anschliessend Engpässe auf den Nationalstrassen dahingehend untersucht, ob sich diese mit automatisierte Fahrzeuge verändern. Das Verfahren zur Engpassanalyse entspricht demjenigen des Strategischen Entwicklungsprogramms Nationalstrassen des Bundes (STEP-NS).
Generell gilt, dass die kapazitätserhöhende Wirkung von automatisierten Automatisierte Fahrzeuge aus dem geringeren raumzeitlichen Platzbedarf bereits durch die Nachfrageeffekte (Verkehrsmittelverlagerungen, Leerfahrten der automatisierten Taxis) mindestens teilweise wieder kompensiert werden. Zu berücksichtigen ist, dass Leerfahrten privater Automatisierte Fahrzeuge, Veränderungen der Wohn- und Arbeitsstandorte sowie Zielwahländerungen infolge des AF nicht simuliert wurden weil keine ausreichend detaillierten und quantitativen Daten zur solchen Entscheidungsprozessen zur Verfügung standen. Damit wird der Nachfrageeffekt unterschätzt.
Bei vielen Engpässen sind Veränderungen der Engpassstufen erst zu erwarten, wenn die Kapazitätswirkungen Automatisierte Fahrzeuge höher ausfallen würden und die Durchdringung der Fahrzeugflotte mit automatisierte Fahrzeuge maximal ist. Aber selbst für das hinsichtlich Kapazitätseffekte «optimistischstes» Szenario das simuliert wurde, nämlich Szenario B mit 100% Automatisierung der Fahrzeugflotte und einem Kapazitätsgewinn von 50% je automatisierte Fahrzeuge, sinken die leistungsrelevanten Verkehrsbelastungen (in PWE) aufgrund der Mehrnachfrage nur um ca. 10%, was maximal einer Reduktion um eine Engpassstufe bedeutet. Bei einem allgemeinen Bevölkerungswachstum und gegenüber heute ähnlichen Mobilitätsbedürfnissen wird dieser Effekt nach einigen Jahren wieder aufgesogen sein.
Automatisierte Fahrzeuge könnten – sofern diese eher optimistischen Annahmen bezüglich ihres raumzeitlichen Platzbedarf gelten – Verkehrsengpässe mindern, durchschnittliche Reisezeiten senken und Reisekomfort sowie Nutzen für Verkehrsteilnehmende erhöhen. Dies gilt allerdings nur, wenn auch der Privatfahrzeugbesitz drastisch zurückgeht. Automatisierte Fahrzeuge werden – auch mit einem drastischen Rückgang im Privatfahrzeugbesitz – sehr wahrscheinlich zu einer deutlichen Zunahme der Fahrleistung auf der Strasse führen, was für Umwelt, Anwohnerinnen und Anwohner sowie schwächere Verkehrsteilnehmende eher schädlich wäre. Besonders die Stadt würde im ersten Sinne profitieren können und im zweiten Sinne leiden müssen. Deshalb wird es in Zukunft umso wichtiger sein, Massnahmen zu treffen, die den Umweltverbund stärken und den Privatfahrzeugbesitz unattraktiver machen. Da sich die Effekte des automatisierten Fahrens nach Regionen unterscheiden werden – besonders stark ist der Kontrast zwischen Stadt und Land – müssen Massnahmen regional angepasst werden.
Publikationen
- Download vertical_align_bottom Auswirkungen des automatisierten Fahrens; Erkenntnisse und Massnahmen aus Sicht des ASTRA: Teilprojekt 0 (PDF, 1.7 MB)
- Download vertical_align_bottom Auswirkungen des automatisierten Fahrens; Teilprojekt 1: Nutzungsszenarien und Auswirkungen (PDF, 2.3 MB)
- Download vertical_align_bottom Auswirkungen des automatisierten Fahrens: Teilprojekt 2; Verkehrliche Auswirkungen und Infrastrukturbedarf (PDF, 16.8 MB)
- Download vertical_align_bottom Auswirkungen des automatisierten Fahrens; Teilprojekt 3: Umgang mit Daten (PDF, 3.9 MB)
- Download vertical_align_bottom Auswirkungen des automatisierten Fahrens; Teilprojekt 4: Neue Angebotsformen (PDF, 4.5 MB)
- Download vertical_align_bottom Auswirkungen des automatisierten Fahrens; Teilprojekt 5: Mischverkehr (PDF, 43 MB)
- Download vertical_align_bottom Auswirkungen des automatisierten Fahrens; Teilprojekt 6: Räumliche Auswirkungen (PDF, 4.3 MB)
- Download vertical_align_bottom Zusammenfassung des Teilprojektes ASTRA 2018-002: Verkehrliche Auswirkungen und Infrastrukturbedarf (PDF, 11.1 MB)